IG Metaller Schulze kritisiert Metall-Arbeitgeber-Sprecher Schmidt
| Am ersten Arbeitstag des neuen Jahres, dem 02.01.2019, wurde in der Neuen Osnabrücker Zeitung ein Interview mit dem NiedersachsenMetall-Chef Dr. Volker Schmidt veröffentlicht. In einer direkten E-Mail an Herrn Schmidt hat der IG Metall-Bevollmächtigte Dirk Schulze am Samstag, den 05.01.19 darauf reagiert. Bisher steht eine Reaktion noch aus. Anbei die Mail sowie eine Verlinkung zum NOZ-Artikel vom 02.01.19.
Sehr geehrter Herr Dr. Schmidt,
ich reagiere auf das mit Ihnen geführte Interview, veröffentlicht in der Neuen Osnabrücker Zeitung am 2.1.2019.
Herr Dr. Schmidt, möglicherweise sind Sie nicht vollumfänglich richtig, oder aus dem Zusammenhang gerissen zitiert worden, vielleicht haben Sie Ihre Antworten auch autorisiert.
Ich habe einige grundsätzlich andere Positionen und Einschätzungen als Sie:
1. Viele Menschen sind weder hysterisch noch haben sie Angstpsychosen. Vielmehr erleben sie zu viel schlechte Luft und Lärm, der nicht sein müsste. Dies ist in Städten natürlich stärker der Fall als im ländlichen Raum.
2. Sie argumentieren wie die Pferdekutschenbesitzer von vor 100 Jahren. Denn: Wenn es möglich ist, das Auto – insbesondere den Motor - mit weniger Einzelteilen zu konstruieren, sollten und können sich die deutschen Autobauer dem nicht verschließen. Ansonsten werden andere uns hier in Deutschland auf die lange Sicht überholen und abhängen.
3. Allerdings: Der technische Fortschritt muss den Menschen zu Gute kommen. Die Herausforderung wird sein, die Beschäftigten, die zu Tausenden Gewerkschaftsmitglieder sind, in den Betrieben, die bei Ihrem Verband Mitglied sind, mitzunehmen. Für die Tätigkeiten, die in den nächsten Jahren entfallen werden, muss alternative und sinnvolle Beschäftigung gefunden werden. Es werden Arbeitsplätze beim Endhersteller genauso betroffen sein wie bei Zulieferern.
4. Deshalb muss möglichst zügig ein Dialog zwischen Arbeitgebern, Landesregierung und Gewerkschaften und Betriebsräten stattfinden. Wir brauchen eine Konversions-Debatte.
5. Der Wandel in der Industrie muss sozialverträglich sein. Was heißt das z.B.?
a. Der Staat und die Arbeitgeber müssen Qualifizierungen anbieten.
b. Die Kommunen, Land und Bund müssen ein Interesse daran haben, dass die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten nicht sinkt.
6. Dazu brauchen wir jetzt schnell Gespräche, damit Beschäftigte nicht auf der Strecke bleiben, damit Betriebe erhalten bleiben.
7. E-Mobilität macht dann Sinn, wenn
a. der Strom aus der Ladesäule aus ökologischer Energiegewinnung kommt und nicht etwa aus verstärktem Kohleabbau oder importiertem Atomstrom, da haben Sie Recht.
b. der Anteil erneuerbarer Energien im Strommix weiter deutlich steigt und dies auch staatlich gefördert wird
c. die Rohstoffe unter vertretbaren Rahmenbedingungen gewonnen werden und neue Batteriezellenproduktion am besten in Deutschland etabliert wird. Das würde auch die Abhängigkeit der Endhersteller von Staaten oder Konzernen in Fernost reduzieren.
d. die Ladeinfrastruktur mit Ladesäulen und die Stromnetze weiter ausgebaut werden. Mein Eindruck ist, dass die Landeshauptstadt Hannover mit enercity auf einem sehr guten Weg sind. Es bedarf weiterer Ausweitung. Wir brauchen zukünftig Lademöglichkeiten an fast jeder Milchkanne.
8. Viele Beschäftigte wie Manager in der Automobilindustrie und bei Zulieferern haben erkannt, dass Sie nicht auf dem heutigen Stand der z.T. satten Gewinne verharren kann. Die Position „Es geht uns doch gut, wir brauchen keinen Wandel.“ wäre nicht zukunftsfähig. Einen effektiven und sportlichen Antriebsstrang herstellen zu können, ist per sé keine Bedrohung sondern ein Fortschritt. Der Mix zwischen den Antriebsarten Diesel, Benziner, Hybrid und Vollelektro wird sich in den nächsten Jahren weiter verschieben. Das braucht Gestaltungswille und nicht Verweigerung!
Link zum Zeitungsinterview von Dr. Volker Schmidt aus der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 02.01.2019: