Auszubildende in der Krise schützen - Hände weg von den Schutzrechten für Auszubildende!

26.05.2020 | Am 26.05.2020 findet ein Treffen der Allianz für Aus- und Weiterbildung statt, um über Maßnahmen für die Ausbildung in der Krise zu beraten. Unter anderem sollen Schutzrechte aus dem Berufsbildungsgesetz aufgeweicht werden.

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie treffen auch die mehr als 1,3 Millionen Auszubildenden, die in Deutschland aktuell eine Berufsausbildung absolvieren.

Auszubildende sind keine regulären Arbeitnehmer_innen und dürfen auch nicht als solche behandelt werden. Auszubildende sind in der Situation, trotz Ausfällen und Einschränkungen die Lerninhalte unter erschwerten Bedingungen lernen zu müssen und diese bei den Prüfungen nachzuweisen. Sie erhalten keinen Lohn, sondern eine Ausbildungsvergütung und erbringen keine Arbeits- sondern eine Qualifizierungsleistung. Sie lernen im Betrieb und gehen zur Schule, um einen Berufsabschluss zu machen. Das unterscheidet sie von regulären Beschäftigten.

Menschen, die eine Ausbildung absolvieren, sind durch das Berufsbildungsgesetz geschützt. Das Gesetz bietet Schutz vor Willkür der Arbeitgeber_innen, Ausbeutung und schlechter Ausbildung. Es bietet finanzielle Sicherheit, Planbarkeit und Perspektive. Es wurde geschaffen, um junge Menschen in Ausbildung vor Unwägbarkeiten und Extremsituationen zu schützen und sie sicher zu einem anerkannten Berufsabschluss zu führen. Gerade jetzt in der Krise ist dieser Schutz existenziell wichtig.

Es gilt jetzt, alles dafür zu tun, dass Auszubildende ihre Ausbildung fortführen können und dabei finanziell abgesichert sind. Wir fordern, Auszubildende in der Krise zu schützen:

Gute Ausbildung und erfolgreichen Abschluss gewährleisten – keine dauerhafte Unterbrechung der Berufsausbildung

Oberstes Ziel ist, dass die Auszubildenden ihre Ausbildung zügig fortsetzen können. Die gesetzlichen Regelungen sind klar: Der Ausbildungsbetrieb muss alle Mittel ausschöpfen und die entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen treffen, um die Ausbildung weiter zu gewährleisten. Ausbildung kann auch unabhängig von der tatsächlichen Auslastung der Betriebe durchgeführt werden. Hierfür gibt es abseits der regulären Möglichkeiten auch viele pragmatische und kreative Lösungen. Jetzt gilt es, die Ausbildungsbetriebe dabei zu unterstützen, die Ausbildung ihrer Auszubildenden fortzusetzen zu können.

Auch die Berufsschulen sind aufgefordert, im Zeitraum der Schulschließung eine pragmatische Form des Unterrichts zu ermöglichen und die theoretische Wissensvermittlung fortzuführen. Die Bundesregierung ist aufgefordert, zügig entsprechende Infrastruktur bereitzustellen. Auch bei Auszubildenden in betrieblich-schulischen Ausbildungen oder Erzieher_innen in praxisintegrierter Ausbildung ist auf eine Absicherung der Schüler_innen hinzuwirken.

Entlassung von Azubis verhindern – Verbundausbildung stärken

Wir fordern die Bundesregierung auf, die Verbundausbildung zu vereinfachen und finanziell zu fördern. So können Auszubildende für den Zeitraum der Krise vor Kurzarbeit des eigenen Betriebs geschützt werden und ihre Ausbildung in einem anderen Betrieb fortführen.

Finanzielle Sicherheit für Azubis gewährleisten - Sechs Wochen Lohnfortzahlung muss bleiben

Das BBiG bietet finanzielle Absicherung Auszubildender. Sie haben für 6 Wochen einen Anspruch auf die volle Vergütung, wenn sie sich für die Ausbildung bereithalten, diese aber ausfällt (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 BBiG). Dies ist ein besonderer Schutz für junge Menschen und wird der Verpflichtung der Auszubildenden gerecht, die trotz Ausfällen die Lerninhalte lernen und bei den Prüfungen nachweisen müssen.

Aktuell gibt es von verschiedenen Seiten Initiativen, die dieses Schutzrecht abschaffen wollen. Die Folge wäre eine erhebliche finanzielle Notlage für viele junge Menschen. Das darf nicht passieren. Wir wehren uns entschieden gegen alle Versuche, die grundlegenden Rechte von Auszubildenden zu minimieren.

Corona-Delle auf dem Ausbildungsmarkt verhindern

Jedes Jahr beginnen über eine halbe Million junger Menschen eine duale Berufsausbildung. In der aktuellen Situation besteht die große Gefahr, dass Ausbildungsbetriebe ihre Anstrengungen zurückfahren oder ganz einstellen werden. Es muss verhindert werden, dass im Herbst hunderttausende junge Menschen ohne Ausbildung und ohne Perspektive dastehen. Laut Bundesagentur für Arbeit ist bereits mit Stand 20.03.2020 ein Rückgang um 6,6 Prozent an Ausbildungsplätzen, im Vergleich zum Vorjahr, zu verzeichnen.

Wir fordern die Politik auf, ein sofortiges Sonderprogramm zur Ausbildungssicherung auf den Weg zu bringen. Notwendig ist ein massiver Ausbau außerbetrieblicher, staatlich geförderter Ausbildungsplätze für die kommenden zwei Ausbildungsjahre ab Sommer 2020.

 Abschlussprüfung in der Ausbildungszeit ermöglichen

Die Kammern und Betriebe sind aufgefordert, die Prüfungen in der Ausbildungszeit zu ermöglichen. Da aktuell alle Abschlussprüfungen durch die Kammern abgesagt und  verschoben wurden, besteht für diejenigen Auszubildenden, die sich am Ende ihrer Ausbildung befinden, die Gefahr, dass ihr Ausbildungsverhältnis endet, ohne einen Abschluss machen zu können. Das kann durch eine Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses verhindert werden.

 Wir fordern eine Ergänzung im § 21 BBiG. Eingefügt werden muss ein Anspruch für Auszubildende auf Verlängerung des Ausbildungsverhältnisses, wenn diese ohne eigenes Verschulden die Abschlussprüfung erst nach beendeter Ausbildungszeit ablegen können.

 Kein Nachteil für Auszubildende wegen fehlender Zwischenprüfung

Die Kammern haben aufgrund der aktuellen Situation die anstehenden Zwischenprüfungen ersatzlos gestrichen. Im BBiG ist jedoch verankert, dass das Absolvieren der Zwischenprüfung Voraussetzung für die Teilnahme an der Abschlussprüfung ist (§ 43 Abs. 1 Nr. 2 BBiG).

 Wir fordern Rechtssicherheit für Auszubildende und eine befristete Gesetzesänderung im § 43 BBiG. Nicht absolvierte Zwischenprüfungen auf Grund der Corona-Krise dürfen keine Relevanz für die Teilnahme an der Abschlussprüfung haben.

 Übernahme nach der Ausbildung absichern

Viele junge Menschen stehen aktuell kurz vor dem Abschluss ihrer Berufsausbildung. Nach der Krise wird auch die Fachkräftenachfrage wieder steigen. Unternehmen haben es selbst in der Hand, durch vorausschauendes Handeln einem Mangel vorzubeugen. Die Entlassungen von zukünftigen Fachkräften müssen auf jeden Fall verhindert werden! Unterstützen Sie unsere Forderung an die Arbeitgeber_innen, ihre Übernahmezusagen, die sie in Betriebsvereinbarungen, Tarifverträgen oder individuell vereinbart haben, einzuhalten. Jetzt gilt es, sich nicht durch kurzsichtiges Denken beirren zu lassen.

Als Gewerkschaftsjugend haben wir jahrelang dafür gekämpft, die Qualität der Ausbildung für alle zu verbessern und ein modernes Berufsbildungsgesetz als gesetzliche Grundlage der Ausbildung durchzusetzen. Es wäre ein fatales Signal, wenn diese historischen Meilensteine für die Auszubildenden jetzt wieder zurückgenommen würden!

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