Tag der Befreiung

Gedenken an das Ende des 2. Weltkriegs

09.05.2022 | Am Sonntag, den 8. Mai 2022, haben wir gemeinsam mit der Landeshauptstadt Hannover dem Ende des Zweiten Weltkriegs gedacht. Dieser Gedenktermin fällt aufgrund von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine in besondere, schreckliche Zeiten.

Auf der Veranstaltung sprachen neben Dirk Schulze, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Hannover, auch Oberbürgermeister Belit Onay, Daniah Stollwerk-Bauer vom Volksbund, die Generalkonsulin der Ukraine in Hamburg, Iryna Tybinka, sowie Schülerinnen und Schülerinnen und Schüler der St.-Ursula-Schule.

Dirk Schulze sprach auf der Veranstaltung nachfolgendes Grußwort.

"Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Belit Onay,
Sehr geehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen,

wir gedenken heute der Millionen Toten aus Kriegen und Bürgerkriegen. Vor allem dem Ende des 2. Weltkrieges, der Befreiung vom Faschismus im Nazi-Deutschland vor 77 Jahren. Wir gedenken auch den Opfern konkret, die auf diesem Friedhof liegen, umgebettet kurz nach Kriegsende, brutal ermordet, hingerichtet auf dem heutigen Seelhorster Friedhof.
Eine Gedenkstele erinnert dort an sie. Ich danke den Mitveranstaltern herzlich, dass wir gemeinsam diesen Bildungsauftrag, über die schreckliche deutsche Vergangenheit zu informieren, hochhalten und der Opfer gedenken.

Ich danke, neben der Landeshauptstadt, dem Volksbund, der Maschsee AG aber vor allem den Schülerinnen und Schülern der St. Ursula-Schule, die gleich eine Präsentation für uns vorbereitet haben. Eines der hoffnungsvollsten Ziele in dieser schweren Zeit des Krieges in Europa ist doch, wenn sich junge Leute, Schüler*innen, Gewerkschafts- und Parteijugendliche engagieren, wenn sie sich für Politik und Geschichte interessieren, Zeichen setzen und gedenken!

Die Sonne scheint. Man könnte meinen, ein schöner Tag. Aber: woanders sterben Menschen. Viele Menschen. Und: Es ist Muttertag, viele sitzen bei Kaffee und Kuchen. Ein schöner Tag. Aber: woanders sterben Menschen.

Vielen Dank, dass ihr hier seid. Entschuldigung, dass diese Gedenkveranstaltung nicht morgen um 16 Uhr stattfindet, aber der 9. Mai ist beispielsweise in Russland ein Feiertag und ein Tag des Krieges. Das wäre sicher völlig unangemessen gewesen. Heute ist also auch der Tag des Dankes an alle Mütter und ihre Lebensleistungen, oft mit Doppelt- und Dreifachbelastung. Wir gedenken insbesondere den vielen Tausend geflüchteten Müttern mit ihren Kindern, die wahrscheinlich gerade eine schwere Zeit haben.

Ich möchte Danke sagen an eine Gesellschaft, die voller Solidarität und Warmherzigkeit Geflüchteten Unterschlupf bietet oder in großer Menge Sach- und Geldspenden geleistet hat. Das ist ein großartiges Zeichen und gibt viel Hoffnung!

Wir haben als IG Metall sehr schnell, auch wie andere, „Hanover4Ukraine“ unterstützt, bundesweit gibt es den Verein Gewerkschaften helfen e.V. zu diesem Zweck.

Wir verurteilen den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine aufs Schärfste. Mit diesem Krieg bricht die russische Führung Völkerrechte und die europäische Friedensordnung, die auf Respektierung und Unverletzlichkeit der Grenzen beruht. Der Angriff auf die Ukraine widerspricht dem Recht auf Selbstbestimmung, es gibt schwerwiegendste Verstöße gegen universelle Menschenrechte. Mit dem Krieg haben Putin und Co. Tod, Leid und Zerstörung über die Zivilbevölkerung und Arbeiternehmer*innen gebracht. Insbesondere Frauen, Kinder und Ältere. Nichts und wirklich gar nichts kann diese Verbrechen, diese Morde rechtfertigen. Es gibt keine Entschuldigungen, keine Gründe. Wir haben kein Verständnis. Wenn ich mit Vertrauensleuten und Betriebsräten, Jugend- und Auszubildendenvertretern spreche, spüre ich Fassungslosigkeit und Hilflosigkeit über den Krieg, aber auch Wut und den Willen, ein klares Zeichen für den Frieden und gegen den Krieg zu setzen. Und das setzen wir heute hier auch!

Es gibt so viele offene Fragen, um die zu ringen/zu diskutieren sich lohnt. Was ist das richtige Maß an Unterstützung für die Ukraine? Sind Waffenlieferungen durch die sogenannte „Zeitenwende“ wirklich begründbar? Bisher hatten sich Gewerkschaften immer gegen höhere Rüstungsausgaben, gegen das 2% - Ziel der NATO, gegen eine neue Rüstungsspirale ausgesprochen. Verlängern Waffenlieferungen den Krieg und vergrößern das Leid der Ukrainerinnen und Ukrainer oder könnte das „mittelbar“ helfen, möglichst schnell zu einer Verhandlung über einen Waffenstillstand zu kommen, wie vereinzelt behauptet wird. Das wäre ja ein Hoffnungsschimmer! Jedenfalls ist ein Anspruch doch wohl klar: Deutschland darf auf keinen Fall Kriegspartei werden. Wir sind voller Kritik und Skepsis, wenn von Aufstockung des Rüstungsetats gesprochen wird. Für was sollen die 100 Milliarden Sondervermögen verwendet werden? Warum haben die gut 50 Milliarden bisheriger jährlicher Etat nicht gereicht, um funktionsfähige Gerätschaften und warme Unterwäsche für die Soldaten zu beschaffen?

Allerdings: jeden Euro kann man nur einmal ausgeben... Klar ist für uns: in Deutschland braucht es dringend Zukunftsinvestitionen um die sozial-ökologische Transformation und insbesondere der Energiewende! Aber auch die Leistungsfähigkeit unseres Sozialstaates/unserer Solidarsysteme müssen sichergestellt bleiben.

Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, es darf kein Rotstift am Sozialstaat angesetzt werden. Steigerungen der Militärausgaben dürfen nicht zulasten des sozialen Friedens erkauft werden. Im Gegenteil: Die Politik muss jetzt stärker gegenlenken zu unseren Gunsten, gerade auch wegen der deutlich gestiegenen Inflationsrate, insbesondere der Energiepreise. Wir erwarten von der Politik spürbare Entlastungen bei kleineren und mittleren Einkommen, einem Gaspreisdeckel und die Einführung eines Mobilitätsgelds. Der erste Schritt der Bundesregierung für Entlastungen war richtig, aber es braucht weitere Entlastungen, insbesondere muss nachgebessert werden bei Rentnern und Studierenden. Wer sich in Haushaltspolitik auskennt, der guckt nicht nur auf die steigenden Ausgaben, der kümmert sich auch um steigende Einnahmen auf der anderen Seite. Wann wenn nicht jetzt, müsste eine gerechtere Besteuerung vom Einkommen, Vermögen und Erbschaften stattfinden und eine Lastenausgleichsabgabe für besonders Vermögende. Es ist doch unerträglich, dass das jetzt noch nicht auf der Tagesordnung steht, es ist doch unerträglich, dass die Schuldenbremse ab 2023 wieder greifen soll und es ist unerträglich, wenn viele Unternehmen zurzeit brummen wie nie und Krisengewinnler und Kriegsprofitierende und insbesondere die Ölbarone sich die Taschen vollmachen. Zu unser aller Lasten/auf unsere (Tank- und Heiz-) Kosten.

Liebe Leute, heute könnte ein schöner Tag sein, aber die Bilder der Menschen in der Ukraine aber auch der Kriegsverbrechen von Nazi-Deutschland, von unseren Vorfahren, treiben uns die Tränen in die Augen.

Und dennoch: Der 8. Mai 1945 war der Tag der Befreiung, der Hoffnung und des Neuanfangs. Ich hoffe, dass es solch einen Tag auch bald für die Ukraine gibt: Befreiung vom Aggressor, Hoffnung, Neuanfang, Wiederaufbau.

Ich bin mir sicher, dass wir unseren Werten treu bleiben:
Für Frieden,
Für Völkerverständigung
Für internationale Konfliktlösungen  
Für Abrüstung und
Für Diplomatie.

Vielen Dank."


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