Härtefalltopf für Hannover

DGB unterstützt Initiative der IG Metall - Enttäuschung über Statement der Grünen

02.04.2020 | Die Diskussion um einen Härtefalltopf für von Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit aufgrund der Corona-Krise betroffene Beschäftigte nimmt immer weiter Fahrt auf. Im Folgenden stellen wir hier die Pressemitteilung der DGB-Region Niedersachsen-Mitte zur Verfügung, in der sich nun auch die IG BCE Hannover unserem Vorschlag anschließt. Enttäuscht hat uns dagegen die Presseerklärung der Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Stadtrat Hannover, Dr. Freya Markowis.

Frau Markowis erteilt unserer Initiative sehr verklausuliert aber doch am Ende deutlich eine Absage. Anscheinend halten die Grünen im Stadtrat die Unterstützungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch (Wohngeld und Hartz IV) für ausreichend, um Beschäftigte gut durch die Krise zu bringen. Mit der Behauptung, der Härtefalltopf sei nur ein „Tropfen auf den heißen Stein“, und der Weitergabe der Zuständigkeit an die Bundespolitik versteckt sich die Fraktionsvorsitzende vor der Verantwortung, die auch die Kommunalpolitik für ArbeitnehmerInnen übernehmen könnte.

„Anstatt unsere Initiative einfach abzulehnen, hätten wir uns über ein Gespräch mit der Grünen Fraktionsspitze im Stadtrat gefreut. In diesem hätten wir Unklarheiten sicher besprechen und Wege diskutieren können, wie eine Regelung konkret hätte gestaltet werden können, um sie auch für die Grünen unterstützbar zu machen,“ kritisiert Dirk Schulze, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Hannover, das Statement Markowis. „Entsprechende persönliche Anschreiben haben wir an die Grünen verschickt, diese blieben aber bis zur ablehnenden Presseerklärung am Mittwochmittag unbeantwortet. Wollen die Grünen also Bündnispartner der Gewerkschaften sein und etwas für Beschäftigte mit geringen Einkommen leisten oder nicht?“

Pressemitteilung des Deutschen Gewerkschaftsbundes DGB-Region Niedersachsen-Mitte zum Antrag der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Hannover

Die Corona-Pandemie trifft Wirtschaft und Gesellschaft aufs Härteste. Für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, geringfügig Beschäftigte, hinzuverdienende Studierende und Rentner*innen bedeutet die historische Krise einen großen sozialen Einschnitt, manche stürzt die Krise sogar in den wirtschaftlichen Ruin. Auf Initiative der IG Metall Hannover wurde die Einrichtung eines Härtefalltopfes für Beschäftigte und existenziell besonders hart betroffene Menschen in der Landeshauptstadt auf die Tagesordnung gesetzt. Neben der Unterstützung von weiteren Gewerkschaften des Deutschen Gewerkschaftsbundes gibt es nun auch aus der Kommunalpolitik Zustimmung. So schloss sich die Ratsfraktion der SPD dem Vorschlag an und wird einen entsprechenden Vorschlag in den Stadtrat einbringen. Auch aus den Reihen der Ratsgruppe DIE LINKE & Piraten wurde Zustimmung signalisiert.

Zur Abstimmung gestellt werden soll ein kommunaler Härtefalltopf von 3 Millionen Euro. Davon profitieren könnten dann besonders hart getroffene Zielgruppen, beispielsweise Arbeitnehmer*innen, die in Kurzarbeit sind und bei denen die Höhe dieser Leistung nicht mehr zum Leben reicht. Anspruchsberechtigt sollen also Arbeitnehmer/innen sein, die seit dem 1. März 2020 bzw. in Kürze aufgrund der Corona-Krise Kurzarbeitergeld beziehen oder ihren Arbeitsplatz verloren haben. Diesen würde eine einmalige Unterstützung von 500 € erhalten, Menschen mit Kindern könnten im Folgemonat erneut 500 € Soforthilfe bekommen. Die Notfall-Zahlung muss nicht mit Leistungen des Kurzarbeitergeldes verrechnet werden.

Dazu Dirk Schulze, erster Bevollmächtigter der IG-Metall Hannover: „Ich finde es großartig, dass die SPD unseren Vorschlag für einen Härtefallfonds aufgreift und in den Rat zur Beschlussfassung einbringt. So kann Menschen, die durch die Corona-Krise übermäßig und unverschuldet in finanzielle Not geraten, wirksam geholfen werden.“ Sehr erfreulich sei zudem, dass die Leiterin der Arbeitsagentur in Hannover, Heike Döpke, gegenüber der IG Metall erklärt hat, dass eine Zahlung aus dem Härtefallfonds die individuellen Ansprüche auf Arbeitslosengeld I oder Kurzarbeitergeld nicht verringern würden.

Eine weitere Gruppe, die aus dem Topf eine Notfallleistung erhalten könnte, wären Werkstudentinnen und Studenten, die nach Wegfall ihrer Einkommen mit leeren Händen dastehen und nicht wissen, wie sie in dieser Krise über die Runden kommen sollen. Eine weitere Personengruppe sollte aus Sicht der Gewerkschaften berücksichtigt werden. Dies sind Studierende mit niedrigem BaföG und Rentner*innen, die in Zeiten der Krise ihre Nebenjobs verloren haben. „Da sind 300 € schon ein enormer Betrag, die helfen können, schlaflose Nächte für diese Menschen zu vermeiden und einen kleinen Hoffnungsschimmer zu geben“, so Torsten Hannig, DGB-Regionsgeschäftsführer in der DGB-Region Niedersachsen-Mitte.

Wünschenswert wäre die Einführung eines schnellen Genehmigungsverfahrens durch die Landeshauptstadt Hannover. Das Geld soll in Form einer Billigkeitsleistung ausgezahlt werden. Eine Glaubhaftmachung per Anschreiben und durch eine eidesstattliche Erklärung durch die Betroffenen soll ausreichen. Ein solches Verfahren wird auch von der Niedersächsischen Landesregierung zur Gewährung von Liquiditätssicherung für kleine Unternehmen genutzt.

„In Zeiten wo wir auf Abstand gehen sollen, ist Zusammenhalt umso wichtiger. Alle demokratischen Kräfte müssen jetzt unbürokratisch an einem Strang ziehen, damit die Menschen in dieser Stadt auch merken, dass sie nicht allein gelassen werden. Egal ob politische Parteien oder Gewerkschaften, wir verfolgen alle ein gemeinsames Ziel. Wir kümmern uns um die Menschen.“, so Nico Lopopolo, neuer DGB-Stadtverbandsvorsitzender in Hannover.

Die Gewerkschaften sehen nun alle Ratsfraktionen der Landeshauptstadt und Oberbürgermeister Belit Onay in der Pflicht, die Initiative kurzfristig umzusetzen. Ein entsprechender Beschluss träfe auf große Zustimmung in den Betrieben und wäre branchenübergreifend ein großartiges Signal an die Kolleginnen und Kollegen. Dazu Michael Linnartz, Bezirksleiter IG BCE Hannover: „Die Coronakrise stellt die gesamte Gesellschaft und Wirtschaft vor große Herausforderungen. Bei aller notwendigen Hilfe für die Wirtschaft darf man nicht die Beschäftigten vergessen, die nicht unter den Schutz weitreichender Tarifverträge fallen. Das ist Solidarität in Zeiten einer existenzbedrohenden Krise.“

Deswegen appellieren wir als Gewerkschaften nachdrücklich, sich für diesen Notfallfonds zu engagieren und diesen unverzüglich auf den Weg zu bringen.
„Ich kann diesen Antrag im Namen der IG BAU Niedersachsen Mitte nur voll unterstützen.
In unseren Bereichen gibt es sehr viele Mitarbeiter in Minijobs, die gar kein Kurzarbeitergeld bekommen und den Minijob natürlich nicht aus langer Weile machen, sondern als Hinzuverdienst. Bei der Gebäudereinigung trifft es die Mitarbeiter auch sehr hart. Sie bewegen sich im Niedriglohn und davon dann 60bzw. 67% KUG vom Nettolohn gefährdet diese Mitarbeiter ganz besonders. Also kurz gesagt ich unterstütze diese Forderung im Namen der IG BAU und natürlich auch als Betriebsrätin in einem Betrieb für Gebäudereinigung voll und ganz.“ Stephanie Wlodarski, IG Bauen Agrar Umwelt.

Die Gewerkschaften wollen mit ihrem Engagement deutlich machen, das den von sozialen Härten besonders betroffenen Menschen in dieser schwierigen Zeit unverzüglich geholfen werden muss. Für den Deutschen Gewerkschaftsbund heißt das: „Es ist an der Zeit, dass auf allen politischen Ebenen ambitionierte und wirksame Beschlüsse gefasst werden müssen. Für Hannover wünschen wir uns eine Kommune, die ihren Teil dazu beiträgt“, so Torsten Hannig.

„Die Corona-Krise bedroht nicht nur die Existenz vieler Betriebe, sondern ebenso die Existenz von zahlreichen Beschäftigten. Auch ihnen sollte im Härtefall eine schnelle und unbürokratische Hilfe ermöglicht werden, weshalb wir den Antrag der SPD-Ratsfraktion ausdrücklich begrüßen.
Natürlich ist der Notfalltopf keine Dauerlösung. Darüber hinaus braucht es dringend die Anhebung des Kurzarbeitergeldes auf mindestens 80 Prozent des Nettoentgelts. Hier ist die Bundespolitik in der Pflicht, endlich tätig zu werden.“ Lena Melcher, Geschäftsführerin der Gewerkschaft Nahrung Genuss und Gaststätten.

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