#NiewiederKrieg

Antikriegstag in Zeiten des Kriegs

02.09.2022 | Am 1. September gedachten wir gemeinsam mit der Landeshauptstadt Hannover und dem Zeitzentrum Zivilcourage am Nordufer des Maschsee der Opfer von Krieg und Gewalt. Wir tun dies jedes Jahr und doch war es im Jahr 2022 aufgrund der Situation in Europa und weltweit wieder umso wichtiger für den Frieden einzustehen. Danke an die IG Metall Jugend Hannover für ihren Beitrag! Auch bei Clarios in Hannover-Marienwerder legten Betriebsrat und Jugendvertretung des Betriebs im Gedenken an die Zwangsarbeiter während des Zweiten Weltkriegs einen Kranz am Mahnmal nieder.

Im Folgenden dokumentieren wir die Rede unseres Ersten Bevollmächtigten, Dirk Schulze:

Sehr verehrte Damen und Herren, sehr geehrte Bürgermeisterin Monica Plate, liebe Friedensbewegte und Kriegsgegner:innen, liebe Freunde und Kolleginnen und Kollegen, liebe Schüler, lieber Aktive in der IG Metall-Jugend, schön dass ihr alle hier dabei seid, auf unserer heutigen Gedenkveranstaltung gegen den Krieg im allgemeinen und im ganz konkreten.


Die Gewerkschaften in Deutschland, die IG Metall, wir verurteilen den von Russland ausgehenden Angriffskrieg auf die Ukraine aufs Schärfste. Die leidtragenden dieses Krieges, wie auch jeden anderen Krieges, sind die Menschen der Zivilbevölkerung, insbesondere Frauen, Kinder und Ältere. Die Angriffe auf Wohnhäuser, Krankenhäuser und Einkaufszentren sind ein Kriegsverbrechen über das normale ja schon völlig abscheuliche Maß eines Krieges hinausgehende. Vor allem die ständige Bedrohung eines Atomkriegs und auch die bedrohliche Lage um mindestens ein Atomkraftwerk machen Angst. Der Krieg ist völkerrechtswidrig, er muss sofort beendet werden.

Die Zerstörungen von Städten und Dörfern sowie die begangenen Kriegsverbrechen haben Millionen von Menschen zur Flucht veranlasst. Diese Menschen haben unsere volle Solidarität. Sie sind in den Städten und Gemeinden unserer Region Hannover willkommen. Wir unterstützen das Engagement, sie in die Gesellschaft und in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Ja, wir sind solidarisch mit den Menschen, das ist gut so und das muss unbedingt so bleiben.

Und wir stehen an der Seite der Russinnen und Russen, die erkennbar gegen den Krieg sind, die sich trauen, den Kriegsdienst zu verweigern oder die desertieren. Wenn sie sich weigern, an diesem völkerrechtswidrigen Krieg teilzunehmen, dann müssen sie in die EU kommen können, dann sind wir auch mit Ihnen solidarisch. Das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ist ein Menschenrecht und steht allen Menschen zu, auch den Russen und den Ukrainern.

Die IG Metall ist eine Gewerkschaft in der Demokratie. Sie bekennt sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland. Auch jede andere Gesellschaft hat das Recht, in Freiheit und Selbstbestimmung zu leben.
Deshalb wird in Deutschland natürlich häufig mit dem Selbstverteidigungsrecht der Ukraine argumentiert.
Allerdings halte ich es für falsch, - und ich bin sicher kein besonderer Putin-Freund oder Russland-Versteher - die Ukrainer oder Herrn Selensky allzu unkritisch zu glorifizieren. Auch in der Ukraine gibt oder gab es einflussreiche und antidemokratische Oligarchen, Bestechung in relevantem Umfang und ein Kleinhalten und Bekämpfen von Gewerk-schaften und damit Arbeitnehmervertretungen.

Wir wissen, dass demokratische Grundrechte das Fundament dafür sind, dann auch gute Arbeitnehmerrechte zu erreichen. Ich habe die Hoffnung, ich habe die Forderung, ja wenn ich regelmäßiger in die Kirche ginge würde ich sagen, ich bete dafür, dass Grundrechte, Menschenrechte und Arbeitnehmerrechte bald wieder die Grundlage für gesellschaftliches Zusammenleben in der Ukraine und in Russland seien mögen.

Das wird aber nur gelingen, wenn die Spirale der Eskalation gestoppt wird.
Es gibt Streit darüber, ob und welche Rüstungslieferungen gerechtfertigt sind, es gibt Streit darüber, ob und wann eine Rote Linie überschritten wäre, es gibt Streit darüber, ob es sich bei einigen Budgets um Aufrüstung handelt oder nur um ein Wiederherstellen der notwendigen Ausrüstung zur Landesverteidigung.

Jedenfalls: Wir finden, das Bereitstellen von pauschalen finanziellen Mitteln für Rüstungsausgaben ist falsch. Es muss vielmehr die Frage beantwortet werden, was tatsächlich zur Erfüllung des Verfassungsaustrags notwendig ist. Wir lehnen deshalb so-wohl das im Basta-Stil verkündete neue Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro wie auch die Erhöhung der jährlichen Rüstungsausgaben auf - oder sogar über -zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts ab. Wir müssen davon ausgehen, dass diese Festlegung Auswirkungen auf die Finanzierung anderer wichtiger Gesellschaftsaufgaben hätte, wie zum Beispiel bei der Grundsicherung, der Arbeitslosenversicherung, der Rentenversicherung, in der Frauen-, Kinder- und Familienpolitik sowie auf die Schnelligkeit der Schaffung einer klimaneutralen Wirtschaft durch die sozial-ökologische Transformation.
Auch deshalb, liebe Anwesende: Eine Spirale der weltweiten Hochrüstung muss verhindert werden!

Es ist Zeit für - noch mehr - Diplomatie, das ist Aufgabe der EU, gerne auch von talentierten Mitgliedsstaaten und der Vereinten Nationen.
Es muss schnellstmöglich versucht werden, zunächst einmal eine Waffenruhe zu vereinbaren. Die Welt hat so viele Probleme, da ist es hirnrissig, sich zu bekämpfen. Schlau wäre, gemeinsam Lösungen zu suchen gegen den Hunger, gegen den Klimawandel, gegen diesen und etliche andere Kriege, Lösungen für Flucht und Migration. Aber vielleicht ist das naiv von mir, das zu wünschen, was so naheliegend wäre. Ein friedliches Zusammenleben, internationale Kooperationen, menschliche Wärme und Solidarität.


Wir wollen in einer Welt ohne Kriege und ohne Waffen leben. Wir stehen für Frieden, Abrüstung und Völkerverständigung. Für dieses Ziel werden wir uns als Gewerkschafte-rinnen und Gewerkschafter weiter mit großer Kraft engagieren.


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