Am 1. Mai wehen Kampfgeist und Wehmut über den Klagesmarkt

02.05.2013 | Es ist der Tag der Gewerkschaften: der 1. Mai. Gerüstet mit Plakaten, roten Fahnen und Nelken im Knopfloch bringen 8.000 Menschen ihre Forderungen für bessere Arbeitsbedingungen auf die Straße.

IG Metaller in Linden, Fotografin: Taalke Nieberding

Dirk Schulze hält Ansprache auf dem Klagesmarkt, Fotografin: Taalke Nieberding

Rote Farbtupfer leuchten im Menschenmeer der 8000 Demonstranten und signalisieren den Kampf für verbesserte Arbeitsbedingungen: Die Teilnehmer haben sich gerüstet mit Luftballons, Fahnen, Shirts und Nelken im Knopfloch. Trommelgruppen und Trillerpfeifen sorgen für die nötige Aufmerksamkeit.
Auf den Plakaten stehen Forderungen nach sicherer Rente und guter Arbeit. Auf denen der IG Metaller auch nach 5,5 Prozent mehr Entgelt, die sie in der aktuellen Tarifrunde von ihren Arbeitgebern fordern.

Wie schon im vergangenen Jahr ziehen alle Gewerkschaften und Teilnehmergruppen gemeinsam die 4,5 Kilometer vom Freizeitheim Linden durch Hannover zum Klagesmarkt. Dieser bedeutungsvolle Platz wird zum letzten Mal angesteuert. Deshalb hängt Wehmut in der Luft. Auch bei Rentner Horst Markworth, der seit rund 50 Jahren regelmäßig am 1. Mai in Hannover dabei ist und schon viele Nelken an seinem Hut gesammelt hat: „So schön es vor dem Neuen Rathaus auf dem Trammplatz auch sein wird, dieser Platz hier hat eine historische Bedeutung!“ Seit dem Mittelalter wird der Klagesmarkt als Versammlungsort und Marktplatz genutzt. Eingebettet in das Dreieck der Gewerkschaftshäuser des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), von ver.di und der IG Metall ist er der Ort für gewerkschaftliche und politische Veranstaltungen in Hannover wie den Mai-Kundgebungen. Nun soll der Platz bebaut werden. Zukünftig wird am „Tag der Arbeit“ der Trammplatz angesteuert.

Die Reden von DGB-Regionsgeschäftsführer Andreas Gehrke, Bürgermeister Bernd Strauch, und Andrea Kocsis, der stellvertretenden ver.di-Bundesvorsitzenden, sind kämpferisch und rufen im Licht der Bundestagswahl im September nach einem Politikwechsel auch auf Bundesebene. Dirk Schulze, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Hannover, läutet die heiße Phase der aktuellen Tarifauseinandersetzungen ein und fordert 5,5 Prozent mehr Entgelt für die Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie: „Die Demonstration am 1. Mai ist nur ein kleiner Vorgeschmack der Entschlossenheit, die unsere Mitglieder in den Warnstreiks der nächsten Wochen zum Ausdruck bringen werden!“ Das Angebot der Arbeitgeber Ende April von 2,3 Prozent für 13 Monate mit zwei Nullmonaten bezeichnete er als mickrige Mogelpackung. Damit werde noch nicht einmal die Inflationsrate ausgeglichen.

Marcus Kretzschmar, Mitarbeiter bei der Firma Wabco, Vertrauenskörperleiter und Betriebsratsmitglied, demonstriert mit seinen Kollegen. „Dieser Tag ist wichtig, um unsere Forderungen auf die Straße zu bringen.“ An der Leine seiner Kollegin läuft auch Hündin Mary mit einer Nelke am Hundegeschirr. Die Besitzerin ist zufrieden: „Mary macht die Demonstration super mit. Sie hat einen guten Charakter und ist sehr wesensfest.“ So käme sie auch im Alltag mit den unterschiedlichen Uhrzeiten, die die Schichtarbeit mit sich bringe, gut zurecht.

Und das Wetter spielt - wie eigentlich immer am 1. Mai - mit: Die Sonne strahlt. „Auch das hat Tradition“, weiß Marcus Kretzschmar. So ist der Spielplatz neben den Informationszelten der verschiedenen Gewerkschaften, Vereinen, Kirchen und Organisationen gefüllt von Familien mit Kindern und jungen Menschen. „Der erste Mai ist auch immer Familienfest und wird geprägt von vielen verschiedenen Kulturen“, erklärt Pia Pachauer, Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Hannover. Jedes Jahr wachse das vom DGB organisierte Fest ein Stück weiter und mache sich mittlerweile auch für Integration stark. Das sei eine bereichernde Entwicklung. In diesem Jahr spielen Musikgruppen des Masala Festivals auf der Bühne. Pachauer: „In Hannover leben, arbeiten und feiern wir gemeinsam.“  

Fotos vom Tag der Arbeit 2013 gibt es in unserer Bildergalerie.

 

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